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2.4 Medizinisch relevante Daten und deren Speicherung
Neben der Position eines Unfalles ist es ebenfalls wichtig, nähere
Informationen zu dem Unfallhergang sowie zu den Verletzen zu erhalten.
Insbesondere die Anzahl der Verletzten spielt eine große Rolle sowie
eventuelle Krankheiten (Bluter, Allergien gegen Medikamente, ...).
Die Idee, für den ankommenden Notarzt Parameter wie die Blutgruppe
zur Verfügung zu stellen, ist vom Prinzip genauso gut wie sie
alt ist (SOS-Anhänger), leider aber praktisch nutzlos. Denn ein
Mediziner muss in jedem Fall vor einer eventuellen Bluttransfusion
eine sogenannte Kreuzprobe durchführen, und darf sich nicht auf
Indizien verlassen. Indizien deshalb, da man sein Handy an einen Freund
verleihen könnte und dieser in einen Unfall verwickelt wird,
und nicht anderes als das fremde Telefon dabei hat. Wehe dem, der
sorglos diese Werte übernommen hat!
Wir sehen momentan zwei Möglichkeiten, solche personenbezogenen Daten
zu speichern. Die einfachste und bequemste Methode ist das Speichern
der Daten in einer zentralen Datenbank. Geht der Notruf bei der Rettungsleitstelle
ein, ersieht diese aus der Datenbank welche medizinischen Besonderheiten
auf den Verletzten zutreffen. Außerdem können weitere Daten gespeichert
werden, zum Beispiel, ob und welche Personen bei einem Unfall benachrichtigt
werden sollen.
Die Eingabe der Daten kann über das Internet erfolgen oder - um Falscheingaben
zu vermeiden - durch den Hausarzt der entsprechenden Person.
Allerdings wirft eine solche Datenbank, insbesondere mit Internetanbindung,
gewisse datenschutzrechtliche Bedenken auf. Man stelle sich nur vor,
Unbefugte erhielten Zugang zu medizinischen Daten aller Anwender des
GSM-Schutzengels. Zwar gibt es heutzutage vielfältige Schutzmechanismen,
doch 100% ausschließen, dass die Daten nicht in falsche Hände gelangen,
kann wohl niemand.
Darum halten wir
letztlich die Speicherung der Daten auf dem SIM (Subscriber Identity
Module) des Mobiltelefons für am geeignetsten. SIM-Karten gewähren
seit vielen Jahren ein Höchstmaß an sicherer Teilnehmeridentifikation
für die GSM-Mobiltelefone, welche sich nicht nur europaweit als
Standard durchgesetzt haben, sondern bereits in vielen außereuropäischen
Ländern Fuß gefasst haben. Der Stand der heutigen Technik ist inzwischen
derart ausgereift, dass in der SIM gespeicherte Daten so sicher
sind, dass man - sofern entsprechend verschlüsselt - Jahre an Rechenleistung
benötigen würde, um an die Daten heranzukommen. Die heute üblichen
Krypto-Algorithmen für eine derart hohe Sicherheit sind sogenannte
"Public-Key-Systeme", zum Beispiel das RSA-Verfahren,
abgekürzt nach dessen Erfindern Rivest, Shamir und Adleman.
Weitere Einzelheiten zu SIM-Karten entnehmen Sie bitte dem Anhang,
in den wir nähere Ausführungen dazu verlagern mussten, um den zugelassenen
Umfang der Wettbewerbsarbeit nicht zu überschreiten.
Doch ist auch die Lösung mit der SIM-Karte datenschutzrechtlich
gesehen nicht ganz unproblematisch, da Krankheitsdaten immer noch
dem zur SIM-Karte gehörenden Benutzter zugeordnet werden können,
wenn der Zugriffsschutz der SIM-Karte erst einmal überwunden ist
- obwohl dies zum heutigen Zeitpunkt unmöglich erscheint. Nach Gesprächen
mit Datenschutzexperten kamen wir zu dem Schluss, dass die personenbezogenen
Daten anonym gespeichert werden und erst im Notfall der entsprechenden
Person zugeordnet werden sollten. Aus diesem Grund halten wir folgende
Lösung für die sicherste.
Ein Nutzer des GSM-Schutzengels trägt bei Bedarf zusammen mit seinem
Hausarzt seine Krankheitsdaten in eine Datenbank ein, jedoch ohne
dabei seinen Namen anzugeben. Vielmehr erhält er eine zufällig erstellte
Nummer, welche in seinem Mobiltelefon gespeichert wird. Bei einem
Unfall wird eben diese Nummer an die Rettungsleitstelle übermittelt
und dort die zugehörigen Daten aus der Datenbank gesucht. Auf diese
Weise kann man einen Missbrauch nahezu ausschließen, da die Krankheitsdaten
erst einer Person zugeordnet werden können, nach dem bei einem Unfall
seine vorher zufällig erstelle Nummer übermittelt wurde.
Momentan arbeiten wir an der Umsetzung dieser Idee und hoffen, sie
auf dem Bundeswettbewerb präsentieren zu können - bisher haben wir
nur mit der Datenbanklösung gearbeitet. Sollten die Krankheitsdaten
durch den Hausarzt eingegeben werden, entstünden natürlich weitere
Kosten, die wir eigentlich vermeiden wollten. Erste Gespräche mit
den Krankenkassen haben jedoch ergeben, dass diese wohl die zusätzlich
anfallenden Kosten übernehmen werden, da sie den Einsatz des GSM-Schutzengels
für sinnvoll erachten und sich auch Kosteneinsparungen erhoffen.
Neben den wichtigen persönlichen Daten spielt es für die Rettungskräfte
eine große Rolle zu erfahren wie viele Verletzte es gibt. Vor kurzem
berichtete der New Scientist [siehe Anlage] über ein System der
"Bell Laboratorien", welches ermöglichen soll, die Vitalfunktionen
des Menschen per Handystrahlung zu messen. Mit Hilfe dieses Systems
könnte auch die Anzahl der sich im PKW befindlichen Personen festgestellt
werden. Momentan ist ein solches System aber wohl eher Utopie, weshalb
wir uns auf andere Möglichkeiten beschränken müssen.
Die einfachste aber zugleich auch unzuverlässigste Methode besteht
darin, den Fahrer vor jeder Fahrt die Anzahl der Mitfahrer direkt
in das Mobiltelefon eingeben zu lassen. Die Nachteile dieser Lösung
liegen jedoch auf der Hand. Es kann schnell zu fehlerhaften Angaben
kommen - der Fahrer vergisst die Eingabe oder hat einfach keine
Lust bei jeder Fahrt erneut die Anzahl der Mitfahrenden einzugeben
und lässt es dann ganz sein.
Die momentan wohl geeignetste Methode besteht darin, über die Gurtschlösser
die Anzahl der Insassen festzustellen. Hierfür wäre allerdings eine
Verbindung des Mobiltelefons zu der Bordelektronik des Fahrzeuges
nötig. Darüber hinaus sind längst nicht alle Fahrzeuge mit der Technik
ausgestattet über die Gurtschlösser die Anzahl der Insassen festzustellen.
Zudem muss man bedenken, dass bei einem Unfall meist mehrere Fahrzeuge
beteiligt sind - es wird also nie möglich sein, mit Sicherheit die
Anzahl aller Verletzten festzustellen.
Es bleibt also anzumerken, dass wir in diesem Punkt keine zufriedenstellende
Lösung finden konnten wobei wir anmerken möchten, dass auch kein
anderes Notrufsystem in der Lage ist, zuverlässig die Anzahl der
verunglückten Personen zu bestimmen.
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